Emil Naucke - Ein Leben für das Varieté
Auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf befindet sich noch heute das Grab eines längst vergessenen Pioniers der Schwerathletik, Kraftakrobatik und des professionellen Ringkampfes: EMIL NAUCKE. Sein Leben war die große Bühne des Varietés die er 27 Jahre lang mit seiner einmaligen Vielseitigkeit bestens ausfüllte. Es war eine Karriere die zu den Anfängen des professionellen Kraftsports in Mitteleuropa führt. Vorhang auf für Emil Naucke - eine der kuriosesten Erscheinungen aus der Masse des Fahrenden Volkes. „Fahrend Volk" heißt bezeichnenderweise auch ein Buch von Signor Saltarino (Hermann Waldemar Otto) in dem die Kultur dieser umherziehenden Künstler-Akrobatentruppen bestens beschrieben wird. So liegt der Ursprung vieler Kraftathleten, wie Naucke sie damals verkörperte, bei den Fahrenden Völkern die im Mittelalter auf Jahrmärkten, Volks- und Kirchenfesten ihre Künste präsentierten. Es waren Truppen aus Schauspielern, Clowns, Zauberern, Jongleuren und allumfassend „Kraftmenschen", die ihr Können „zur Schau stellten". Der Jahrmarkt wird zum ersten Zentrum für solche Darbietungen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Unterhaltung, die für Umsatz und Sensationen sorgten. Vielfältige Schaustellungen, Kunststücke, Kraftproben, Box - und Ringkämpfe standen hier im Mittelpunkt. Als Zentrum für Handel und Belustigung bot gerade der Jahrmarkt dem Fahrenden Volk ein reiches Betätigungsfeld - und dass schon vor etlichen Jahrhunderten. So präsentierten sich bereits Ringer auf dem Jahrmarkt in Würzburg im August 1031. Es war besonders die Gruppe der Kraftmenschen, die in den Jahrhunderten danach das Interesse auf sich zogen. Ein Jahrmarkt ohne Herkules war bald kaum mehr vorstellbar. Sie bildeten oft den Mittelpunkt bei diesen Veranstaltungen. Die Bezeichnungen für die jeweiligen Akteure nahm in den Jahren immer mehr Formen an. So entstand im Volksmund eine ganze Reihe an Wörtern, die im Kern den Kraftmenschen charakterisierten. Von Kraftsportler, Athlet, Kraftathlet bis stärkster Mann oder stärkste Frau der Welt, ist alles dabei gewesen. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, tauchten auch kuriose Namen wie Eisenkönig, Eisenzahn, Herkules, Samson, Heros oder Miss Atlas auf. Obwohl viele Kraftakrobaten ebenfalls als Ringer in Erscheinung traten, gibt es zwischen dem Akrobaten und Athleten schon einen Unterschied: So arbeitet der Akrobat als Artist. Er demonstriert Körperkraft und Muskelbeherrschung in künstlerischer Form. Der Kraftathlet arbeitet hingegen mit einem gewissen Wettkampfcharakter. Dennoch sind die Grenzen zwischen Kraftakrobat und Kraftathlet fließend. Viele Trainingsmethoden werden auch von der anderen Seite benutzt. Der Kraftakrobat stellt also seine künstlerische Darbietung in Form einer artistischen Nummer in den Mittelpunkt. Oft mit Hilfe von Kostümen, Requisiten, Musik und Beleuchtung. Beim Kraftathleten steht hingegen der Wettkampf an oberster Stelle. Auch wenn der Kraftakrobat im engeren Sinne kein Sportathlet ist, kommt selbst das heutige Wrestling ohne Akrobatik nicht aus. Nur durch die sportliche Komponente ließ sich auch am Beginn des Berufsringkampfes kein Geld verdienen. Seit jeher ist es die gekonnte Mischung aus Show und Sport die letztlich eine gute Show ausmacht.
Im 18. Jahrhundert entstand mit dem Zirkus eine weitere Kunstform für viele Vertreter des Fahrenden Volkes. Die Manege mit all ihren Möglichkeiten war lange Zeit auch für Emil Naucke der Hort seiner Künste, wo er das Publikum in Erstaunen versetzte. Naucke war eigentlich alles in einer Person: Artist, Ringer, Turner, Kraftakrobat, Kugeljongleur, Schauspieler, Radartist und nicht zuletzt auch ein hervorragender Organisator im Varieté. Er war ganzheitlich, ein wesentlicher Unterschied zu seinen Nachfolgern, die meistens nur noch eine Richtung (Ringen, Akrobatik, Gewichtheben) ausübten. Mit ganzheitlich ist das komplexe Auftreten früherer Kraftsportler gemeint. In Zeiten, wo es weder eine Profiszene noch eine Organisation gab, stand der Kraftmensch quasi als Alleskönner vor dem Publikum. Will man diese Komplexität des „Naucke Business" besser verstehen, so muss man zu dessen Anfängen zurückkehren. An Genau diesem Anfang einer sich herausbildenden Profiszene steht der Kolossalmensch Emil Naucke, einer der ersten Berufsringer Deutschlands. Damals, in den 1870er Jahren, nannte man sie noch „Preisringkämpfer" die gegen Herausforderer aus dem Publikum oder der Athleten-Truppe antraten. Es mag verwundern, wenn man genau hier auf dem Rummel oder in Box- und Ringerbuden den Ursprung des Professionalismus im Kraftsport wiederfinden würde. Doch diese Annahme ist keine Illusion und entspricht tatsächlich der Realität. Ringkämpfe im Zirkus und in Ringerbuden waren der maßgebende Auslöser für die Entstehung des deutschen Berufsringkampfes. Fast alle Karrieren damaliger europäischer Ringer wie Naucke, Carl Abs, Jean Dupuis oder Tom Cannon begannen im Milieu Zirkus - Rummel. Sie schlossen sich Artisten-Truppen an, die quer durch Europa zogen. Sie legten den Grundstein für die Ausbildung und den Beginn des Professionalismus im Bereich der Schwerathletik. Wieder ein Begriff der mit Naucke assoziiert wird, denn er war auch ein Kraftakrobat, der mit Gewichten jonglierte oder eine große Eisenkugel um seinen mächtigen Körper schwenkte. Auf zahlreichen Tourneen mit Fred Paulsen, Peter Hansen und Wilhelm Löther machte sich dieser sprichwörtliche Koloss einen Namen als Star einer Szene, die alle nur erdenklichen Bereiche der Unterhaltung umfasste. Mal spielte Naucke den Kraftjongleur, dann verschiedene Theaterrollen, wie die Pauline vom Ballett als Parodie, die sogar eigens für ihn geschrieben wurden. Als Ringer kämpfte er mit Größen wie André Christol und Carl Abs. Selbst als Radartist brachte er das Hamburger Publikum noch in den späten 1890er Jahren zum Erstaunen. „Der schwerste Mann der Welt" radelt zusammen mit dem Zwerg Peter Hansen, der gerade einmal 43 Pfund auf die Waage brachte. Naucke hingegen wog das 10-fache! Kein Wunder also, dass durch diesen Kontrast allabendlich Hunderte Menschen in Nauckes Varieté am Spielbudenplatz strömten. Es wurde zu eine der besten Adressen in Hamburg neben Sagebiel, Tütgen, Ferry, Eden, Flora und wie sie sonst noch alle hießen. Nauckes Vielseitigkeit sollte einzigartig bleiben in der Welt des Hamburger Varietés. Dieser Kolossalmensch war die dominierende Erscheinung der Unterhaltung in St. Pauli des 19. Jahrhunderts.
Die Geschichte von Emil Naucke beginnt hoch im Norden in Kirchdorf auf der Insel Poel. Carl Friedrich Naucke war Tabakspinner und Besitzer einer Tabakhandlung in Wismar. 1854 heiratete er die Tochter eines Schmieds von der Insel Poel, Catharina Hafften. Am 02. Mai 1855 bringt Catharina ihren Sohn Emil zur Welt, 1858 wird Schwester Caroline geboren. Seine Kindheit verbrachte Emil in der alten Hansestadt Wismar an der Ostsee. Seine Familie hatte nichts im Entferntem mit dem Geschäft zu tun, in dem ihr Sohn zu einer Berühmtheit werden sollte. Natürlich ist davon heute fast nichts mehr bekannt. Die meisten Pioniere des Kraftsports sind längst in Vergessenheit geraten. Aber einige Hamburger Zeitungen berichteten aus Anlass zu seinem 25-jährigem Artisten-Jubiläum 1898 auch von den Anfängen seiner Karriere. So soll er schon beim Zirkus in Wismar als Ringer aufgetreten sein. Vielmehr jedoch lag der Ursprung seiner Artisten-Laufbahn aber im Turnen und Seiltanzen. Bereits im Alter von 14 Jahren verblüffte Emil seine Schulkameraden auf dem Hof der alten Stadtschule in Wismar mit seinem Talent als Turner und Seiltänzer. Als wenig später ein Zirkus in Wismar auftauchte, der dazu noch nach neuen Mitgliedern Ausschau hielt, ging Emil zu dessen Vorstellungen. Zunächst war er nur ein Zuschauer im Zirkuszelt bis sich die Gelegenheit fand, der Artisten-Truppe sein Können unter Beweis zu stellen. Die Präsentation aus Athletik, Turnerei und Seiltanzen war offenbar sehr erfolgreich, denn Naucke schloss sich dem Zirkus für eine erste Tournee an. Das soll den Berichten zufolge um 1870 herum gewesen sein. Dabei soll es sich um eine große und erfolgreiche Tournee gehandelt haben. Gesichert ist jedoch, dass sein Vater ihm eine weitere Tournee mit einer anderen Artisten-Truppe verwehrte. Emil sollte zunächst ein ordentliches Handwerk erlernen, dann könne er immer noch in die weite Welt auswandern. So erlernte der junge Naucke schließlich das Bäckerhandwerk bevor er mit 17 Jahren nach Hamburg ging. Die große Hansestadt an der Elbe war das „Tor zur Welt" für den Handel und der Mittelpunkt der norddeutschen Unterhaltungsszene. Hier waren die Manegen der größten Zirkusse wie Renz und Salamonsky oder die Bühnen der bekanntesten Varietés. Später wird Hamburg auch zum wichtigen Treffpunkt von Kraftathleten und Gewichthebern werden, die hier die ersten Athleten-Clubs im Deutschen Reich gründeten. Ringkämpfe im Zirkus, in Buden oder in den Hinterstuben von Lokalen bekannter Ringer wie Carl Abs kennzeichneten die Szene bald dauerhaft. Von einer „Gaststättenkultur" war da mitunter die Rede als das Ringkämpfe auch immer öfters in Lokalitäten veranstaltet wurden. Ab 1900 sorgten in Hamburg große Turniere für Aufsehen mit vielen berühmten Ringern wie George Hackenschmidt, Georg Lurich, Jakob Koch, Heinrich Eberle und John Pohl. Stellenweise auch mehrmals pro Jahr, so dass die Hansestadt zur ersten Hochburg des deutschen Berufsringkampfes in der Ära bis zum Ersten Weltkrieg wurde. Als Emil Naucke 1872 erstmals in Hamburg auftauchte war man davon noch sehr weit entfernt. Von einer Profession war keine Rede, denn es mangelte ebenso an der notwendigen Organisation. Die Begriffe „Berufsringer" oder „Schwerathletik" sind noch vollkommen unbekannt geschweige denn geläufig. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird sich dies aber grundlegend ändern. Dabei wird Naucke eine nicht unwesentliche Rolle spielen, als dass er und andere durch ihre Auftritte im Zirkus ein nie dagewesenes Interesse an Athletik-Shows erwachen lassen.
Eine alte Verkehrsstraße zwischen Altona und Hamburg wird schließlich zum illustren Zentrum des Varietés. Ein Bericht aus dem Hamburger Anzeiger vom 04. Juli 1935 beschreibt wie es dazu kam: „Schon vor 1800 war die Strecke zwischen Millern- und Nobistor eine beliebte, sehr begangene Promenade und Fahrbahn geworden. Die Lage zwischen den beiden Städten Hamburg und Altona lockte die Spielbudenbesitzer und Artisten hier ihre Zelte und Buden aufzuschlagen, woran noch heute der Spielbudenplatz erinnert. An der Langen Reihe (der späteren Reeperbahn) entstanden Kaffees und Vergnügungslokale. [....] Dem wachsenden Verkehr wichen die alten Seilerbahnen der Reepschläger (Hersteller von Schiffstauen und Seilen). Die einst von ihnen benutze Fläche wurde bebaut, der Name Lange Reihe verschwand, und die lebhafte, breite und schöne Vergnügungsstraße erhielt den Namen Reeperbahn. Als solche ist sie seit Jahrzehnten in der ganzen Welt bekannt und trägt auch ihrerseits zum Ruhm der größten deutschen Seehafenstadt bei." Mit der Gründerzeit in den 1870er Jahren beginnt auch Hamburgs große Ära als Zentrum für Unterhaltung, Varieté, Rummel und Zirkus. Führende Artisten-Truppen wie die von Albert Salamonsky und Ernst Renz schlugen hier ihre Zirkuszelte auf; das Carl-Schultze-Theater öffnet seine Pforten; später das Ferry-Theater in Ottensen; bei Wilhelm Sagebiel an der Drehbahn erlebt ein Jedermann sein Vergnügen; dank Naucke wird das Etablissement von Georg Tütge am Valentinskamp ein Mittelpunkt der Artisten und Schausteller-Szene; Fritz Awe eröffnet 1886 seinen „Concert-Saal" am Spielbudenplatz, den später Emil Naucke übernehmen wird. So entsteht eine große Szene der Unterhaltung mit dem Tivoli-, Wilhelm-, Ernst-Drucker- und Hansa-Theater, dem Konzerthaus Altona und schließlich dem Urania-Theater. Hier im Urania wurde Naucke erstmals vorstellig nachdem er in Hamburg eine Weile als Bäckergeselle gearbeitet hatte. Doch die Direktion vom Urania und andere Theater lehnten jedoch seine Bewerbung ab. Anfang März 1873 hat er endlich Erfolg bei Ernst Gontard vom St. Georg-Theater. Als „Kunstjünger", „Athlet" und „Artist" erscheint sein Name erstmals auf den Theaterzetteln der Hansestadt. Bei Gontard fand Naucke längere Zeit eine Anstellung bis sich die Möglichkeit einer Tournee mit zwei der ältesten Seiltänzertruppen Europas ergab: die von Wilhelm Kolter und Jean Weizmann. Die nächsten Monate tourte Naucke mit diesen beiden Truppen und den Zirkussen Renz, Myers und Oriental vorwiegend durch Mitteleuropa. Überhaupt war der Zirkus zum wichtigen Grundstein in seiner frühen Laufbahn geworden. Das Ende der traditionellen Vorführungen auf dem Jahrmarkt kam, als die Kirche ihre Zensur bei solchen Vorstellungen verstärkte und sie örtlich verboten wurden. Im ausgehenden 18. Jahrhundert verlagerten die meisten Akrobaten ihre Kunststücke auf den Pferderücken. Das Fahrende Volk wurde allmählich sesshafter zuerst in den sog. Kunstreitertruppen, wo die Pferdedressur der kaiserlich-königlichen Hofstallmeister einen starken Zulauf erfuhr. So stehen die Namen Astley, Franconi, Bach und Guerra am Anfang des später als „Zirkus" bezeichneten Metiers. In der Reiterschule von Philipp Astley in London etwa konnte man neben den traditionellen Pferdedressuren nun auch Akrobaten, Artisten und Kraftathleten in ganzen Rahmenprogrammen bewundern. Fast alle Kunststücke des einstigen Jahrmarktes wurden übernommen. Im Vergleich zu den anderen Reiterschulen in Europa machte diese Ergänzung den Unterschied aus. Sie kamen erst nach Astley auf die Idee der Eröffnung ihrer Truppen etwa für Akrobaten. Wieder andere Betreiber spezialisierten sich dagegen nur auf eine Richtung wie die in Europa umherziehenden Seiltänzertruppen zeigten. 1773 überdachte Astley seine Reiterschule und nannte sie „Astleys Amphitheater". Damit war im Prinzip der Zirkus geboren, auch wenn es noch Jahrzehnte dauern sollte, ehe diese Bezeichnung in den Sprachgebrauch überging. Sie war aber schon im England des späten 18. Jahrhunderts bekannt. Zum einen mochte Astley den Begriff Zirkus nicht und zum anderen konnten sich derartige Vorstellungen an anderen Reiterschulen erst später durchsetzen.
1782 eröffnete Astley mit dem „Amphitheater Anglais" auch den ersten Zirkus in Paris. Astley kooperierte eine Weile mit dem einstigen Hofstallmeister von König Ludwig XV. namens Antonio Franconi, der auf die klassische Pferdedressur setzte und die Akrobaten noch ablehnte. Als Franconi aber 1793 seinen ersten „Cirque" (Zirkus) in Paris erbauen ließ, schien auch er sich für die Vertreter des Fahrenden Volkes zu interessieren. Die Franconi Dynastie begann mit Pferdedressuren und Akrobatik unter der Regentschaft von Kaiser Napoleon I.. Seine kaiserliche Hoheit sorgte höchstpersönlich für die Verbreitung des Begriffs Zirkus in Europa. Per Dekret verbot er 1806 den Betreibern das Wort „Theater" in der Bezeichnung „Pferdetheater". Antonios Söhne Laurent und Henri eröffneten nun im Jahr darauf in Paris nicht das „Pferdetheater Franconi" sondern den „Cirque Olympique" (Olympischer Zirkus Paris), anliegend zu den Veranstaltungen aus antiken Zeiten. Astley und Franconi wuchsen zu den ersten bedeutenden Unternehmern heran, die die Kunstform Zirkus perfektionierten. Das Geschäft florierte bis ein Brand den Cirque Olympique zerstörte. Plötzlich standen die Franconi Brüder vor den Scherben ihrer Existenz. Dank der zahlreichen Spenden der Bevölkerung konnten sie einen neuen Zirkus errichten. Die Hochzeit der Franconis fällt in die Zeit des Zweiten Kaiserreiches unter Napoleon III. (1850er bis 1870er Jahre). Antonios Enkel Victor Franconi und dessen Sohn Charles wurden die bedeutendsten Zirkusbetreiber im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Victor eröffnete eigens nur für Feste zu Ehren des Kaisers den „Cirque Napoleon" später „Cirque d' Hiver" am Boulevard du Temple. Auf diesem Areal hatten einst schon seine Vorgänger versucht ihr Unternehmen aufzubauen. Ein zweiter Zirkus vor allem für Pferdedressuren und Konzerte entstand in den Champs-Élysées - der „Cirque de la Impératrice" später „Cirque d' Eté" genannt. Der Cirque Napoleon stand über längere Phasen auch einfach leer, da sich kein passender Anlass fand. Schon früh gab Victor das Direktionszepter an Charles weiter, der beide Zirkusse über Jahrzehnte lang leitete. Dennoch stand der „alte Franconi", wie Victor immer genannt wurde, beinahe jeden Abend am Eingang des Zirkus und musterte mit prüfenden Blicken alle Pferde und Vorführungen. Victor konzentrierte sich aber mehr auf Pferdedressuren als auf athletische und akrobatische Vorstellungen. Erst später unter Charles Franconi und Louis Dejean tauchten sie im Cirque Napoleon wieder vermehrt auf. Die Vorgänger von Emil Naucke, wie Jean Dupuis, tourten seit Anfang des 19. Jahrhunderts auch mit anderen Kunstreitertruppen wie die von Christoph de Bach, der 1808 einen aus Holz bestehenden Zirkus im Prater in Wien errichtete. Damit entstand auch in Mitteleuropa ein Zirkus von bedeutender Größe. Dessen „Cirque Gymnasticus" hingegen war schon am Anfang offen für artistische Pferdenummern und nicht mehr nur auf die klassische Dressur ausgerichtet gewesen. In seiner Kunstreitertruppe traten Artisten, Akrobaten und auch Clowns auf. Nach seinem Tod im April 1834 führte seine Witwe Laura das Unternehmen unter dem Namen „Cirque Olympique Madame de Bach" noch einige Jahre weiter. Der Cirque Gymnasticus im Prater war der Ursprung der Athletik und Akrobatik in Wien, denn auch in den Jahrzehnten danach wurde dieses Areal zu einem beliebten Treffpunkt für alle Formen der Unterhaltung ausgebaut. Es entstanden Theater, Varietés und 1895 eröffnete Gabor Steiner hier seinen beliebten Vergnügungspark „Venedig in Wien" in dem auch Ringkampf-Turniere veranstaltet wurden. Selbst ein Ernst Renz gab seine ersten Vorstellungen in Wien noch auf dem Areal des alten Bachschen Holzzirkus, bevor er 1854 in der Leopoldstadt sein eigenes Zirkusgebäude eröffnete. An diese glanzvollen Zeiten erinnert noch heute die Zirkuswiese. Mit dem Zirkus Renz entstand das größte Zirkusunternehmen in Mitteleuropa.
Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich die einstige Welt des Fahrenden Volkes grundlegend verändert. Fast alle Kraftathleten und Ringer tourten nun im Verband mit dem Zirkus oder unterhielten mittlerweile eigene Truppen. Dabei tauchte der Typus des ganzheitlichen Athleten immer öfters auf. Eine Spezialisierung auf einzelne Bereiche der Athletik oder Artistik war für die ersten Ringer noch ohne Bedeutung. Nauckes Vorgänger waren meistens ganzheitliche Athleten, die eine Abgrenzung nicht kannten und nur mit einer Disziplin im Zirkus auch nicht überleben konnten. Wer waren nun die Vorgänger von Emil Naucke? Das moderne „Kraftmenschentum" beginnt mit Pionieren wie Herkules Johann Carl von Eckenberg oder dem Engländer Thomas Topham, die im 18. Jahrhundert noch mit ihren Buden auf den alten Jahrmärkten umherzogen. Eckenberg, ein Pionier des Varieté in Berlin, trat bereits ganzheitlich auf als Akrobat, Artist, Ringer und Kraftathlet. Eine Hamburger Zeitung berichtete dass sich Eckenberg um 1734 auf dem damaligen Hamburger Berg „producierte". „Productionen" war der alte Begriff für solche Vorführungen auf Jahrmärkten. Auf Eckenberg folgten Kraftathleten wie Carl Franke, Carl Rappo und dessen Sohn Francois Rappo. In der Kunstreitertruppe von Christoph de Bach tourte 1826 auch ein Clown namens Jean Dupuis. Dieser begann Anfang der 1830er Jahre selbst seine eigene Truppe aufzubauen in der er nicht mehr nur als Clown, sondern vielmehr als Ringer und Athlet auftrat. Auf Plakaten in Berlin und Leipzig bezeichnete sich Dupuis als erster Ringer Frankreichs. Neben ihm tauchte ein weiterer „Herkules" mit eigener Truppe aus Ungarn auf - Toldy Janos. Herkules Janos tourte in den 1840er und 50er Jahren vorwiegend nach Budapest und Wien. Als Dritten bedeutenden Vorgänger von Emil Naucke könnte man noch Jean Lüttgens nennen, der ebenfalls eine eigene Truppe besaß. Lüttgens etablierte sich in den 1850er und 60er Jahren als einer der populärsten Kraftathleten in Mitteleuropa. Aus einer winzigen Truppe entstanden auch die ganzen Zirkusunternehmen die mittlerweile in Europa umherzogen. Klangvolle Namen wie Franconi, Renz, Salamonsky, Schumann, Carré, Ciniselli, Sidoli und Suhr bestimmten die bunte Welt der Artisten. Nach seinen Auftritten bei Kolter und Weizmann kam Naucke 1874 schließlich zum Zirkus Renz. Dieses Unternehmen hatte sich unter seinem Besitzer Ernst Renz zum größten Zirkus in Mitteleuropa entwickelt. Renz veranstaltete gleichzeitig an mehreren Orten und baute zahlreiche Zirkusgebäude in Berlin, Wien, Breslau, Budapest, Hamburg und Kopenhagen auf. Emil Nauckes frühere Karriere war dem stetigen Wechsel seines Betätigungsfeldes unterworfen. Während er sich später fast vollkommen dem Varieté zuwandte, war er in der jetzigen Phase bei Renz und Salamonsky vor allem Kraftathlet und „Preisringkämpfer". Er wird bis in die 1890er Jahre hinein seine Auftritte stets variieren ohne sich dabei auf eine bestimmte Richtung festzulegen. Die artistisch-akrobatischen Vorführungen von Naucke etablierten sich bei Renz als beliebte Zugnummer. Bis dato hantierte er mit Gewichten, schwenkte seine berühmte Eisenkugel, war Seiltänzer oder schlüpfte in ein Kostüm, um als „Pauline vom Ballett" die Gelächter des Publikums auf sich zu ziehen. Renz merkte bald sehr deutlich, wann sein Kassenschlager bei ihm oder der Konkurrenz auftrat. Emil Naucke machte nicht den Fehler sich vertraglich an ein Unternehmen zu binden. Mit der Zeit wollte er auch unabhängiger werden, was dann schließlich zur „Tournee Naucke" führte, bei der er als Star seiner eigenen Artisten-Truppe durch Europa tourte. Aber Mitte der 1870er Jahre war er noch an Renz und Albert Salamonsky gebunden. Für sie war Naucke eine der besten Zugnummern überhaupt.
Die Zirkusunternehmer kamen bald auf die Idee ihre Vorstellungen mit Ringkämpfen zu ergänzen. 1872 wurden diese bei Salamonsky in Berlin populär. Als einem der führenden Unternehmer gelang es Albert Salamonsky die französischen Ringer Jean Doublier, Francois Fournier, André Christol und Pierre Rigal für eine Saison in seinem Berliner Zirkus auftreten zu lassen. Bei den Ringkämpfen verlor Frankreichs Elite gegen die ersten deutschen Berufsringer wie Walter Lepp, Carl Kempf, Wilhelm Rüstow und Adolf Grün im griechisch-römischen Stil, auch französischer Stil genannt. Eine im damaligen Deutschen Reich noch unbekannte neue Form aus Stand- und Bodenringkampf. Kannte man hier bisweilen nur das Ringen im Stand, den alten Turner-Ringkampf, so kam nun durch die Franzosen der stärkere Einsatz des Bodenringkampfes hinzu. Vor allem Doublier und Christol verbreiteten diese Kampfweise ab den 1870er Jahren auf ihren Tourneen in Mitteleuropa. Diese hatte nichts mehr mit dem antiken Ringen der Griechen gemeinsam, sondern entstammte aus den Ringerschulen (Gymnase) in Südfrankreich. Neben Doublier galt hier vor allem der Franzose Felix Bernard als Wegbereiter für kommende Generationen. Er gründete 1882 die „école de lutte le bordelais", die „gute alte Ringerschule in Bordeaux" wo viele Ringer wie Paul Pons im griechisch-römischen Stil trainierten. Von einer Tournee nach Hamburg zurückkehrt, wurde Naucke auch bald ein gefragter Ringer. Im März 1876 vermietete Salamonsky seinen Zirkus in Berlin an der damaligen Carlstraße für 30.000 Mark an den Franzosen Francois Loisset. Seine Artisten-Truppe zog weiter nach Hamburg auf das Heiligengeistfeld. Hier schlug der Zirkus für die nächsten drei Monate sein Zelt auf. Neben den üblichen Programmen mit Tieren, Artisten und Clowns gab es ab Ende Juni auch die ersten Vorstellungen mit Kraftathleten und Ringern. Fast täglich sah man nun neue Namen in den Anzeigeblättern der Zeitungen. Die meisten von ihnen waren Amateure vom Hamburger Hafen, Schiffsarbeiter und Handwerker aus der Umgebung. Nur die wenigsten, wie Theodor Markwardt, traten Mitte der 1870er Jahre bereits öfters als Ringer in Hamburg in Erscheinung. Markwardt war bei den jetzigen Ringkämpfen dabei. Anfang Juli 1876 betrat auch Naucke hier erstmals die Manege der „Preisringkämpfe", wie man solche Austragungen damals noch nannte. Von seinen bisherigen Auftritten her kannte man ihn hauptsächlich als Kraftathleten und Artisten. Doch Naucke war einer der vielseitigsten Menschen beim Zirkus, der es schaffte auch als Ringer zu überzeugen. Bis zum Herbst 1876 trat er als Ringer und Kraftathlet bei Salamonsky sowie in verschiedenen Hamburger Varietés auf. Dann folgte die Einberufung zum Militärdienst nach Bremerhaven-Lehe. Eine Zeit in seinem Leben von der er noch Jahre später erzählen sollte. Dabei kreierte er damals selbst Geschichten, wie er als Soldat durch das Deutsche Reich marschierte. Wieder andere Geschichten baute Emil Naucke während seiner Tourneen in sein laufendes Programm ein. Mancher Zeitgenosse charakterisierte ihn später als wahren „Geschichtenerzähler". Erstaunlicherweise häuften sich gerade nach seinem Tod im Jahr 1900 verschiedene „Berichte aus dem Leben von Emil Naucke". Illustre Geschichten aus seiner Karriere bis hin zu Spekulationen, dass auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf ein Sarg mit Steinen beerdigt wurde, und sich der Leichnam zur Sektion im pathologischen Institut der Universität in Wien befand. Naucke hätte bereits zu Lebzeiten seinen Körper der Wissenschaft käuflich anvertraut.
Auf dem Rummel begann einst die Geschichte des deutschen Berufsringkampfes. Hält man sich die Karrieren und das ganzheitliche Auftreten damaliger Ringer vor Augen, dann wird die Bedeutung dieser Pioniere umso ersichtlicher, als dass sie am Anfang einer Bewegung standen, die hin zum Professionalismus führen sollte. In der frühen Phase wird neben dem Zirkus oftmals in Ringerbuden gekämpft, die damals zu einem guten Rummel einfach dazugehörten. Das pompöse Auftreten eines Kraftathleten verbunden mit großer Sensationsmache war dann ein Großereignis unter all den anderen Attraktionen. „Bestaunen Sie den Kolossalmenschen und Kraftathleten Emil Naucke", „Große Sensation - erstes Auftreten des Athleten und Preisringkämpfers Emil Naucke" oder dergleichen. Bald wurden „Herkules", „Samson" und „stärkster Mann der Welt" zum Inbegriff einer Szene, deren Einfluss man sich noch nicht bewusst war. Als Emil Naucke im Herbst 1878 wieder als Preisringkämpfer auftauchte, nahm das Interesse an derartigen Vorstellungen immer weiter zu. Jeder große Zirkus (Salamonsky, Renz, Carré) hatte mittlerweile eine Truppe an Ringern. Am Ende des 19. Jahrhunderts sind unzählige Zirkusse sowie Ringer- und Boxbuden in Europa unterwegs. Spätere Zirkusbetreiber wie Albert Schumann und Paul Busch organisierten sogar große Turniere, die damals Ringkampf-Konkurrenzen genannt wurden. Solche Konkurrenzen über Wochen oder gar Monate verstärkten die Zunahme an Berufsringern deutlich. Aus einer winzigen Zahl in den 1880er Jahren ist 20 Jahre später eine Vielzahl geworden. Naucke steht am Anfang einer Bewegung die zum Berufsringkampf in der professionellen Form führte. Jetzt, als er wieder da war, schien man davon noch weit weg zu sein. Der Begriff „Berufsringer" war weder geboren noch bei den Zuschauern geläufig. Aber im Oktober 1878 standen mit Naucke, André Christol und Jean Doublier drei ihrer bedeutendsten Pioniere in der Manege des großen Zirkus Renz in Hamburg. Ernst Renz setzte auch in diesem Jahr wieder auf Ringkämpfe mit Europas Elitekämpfern. Bei einem solcher Preisringkämpfe gelang Naucke (wahrscheinlich am 22. Oktober 1878) mit dem Sieg über André Christol eine Sensation. Man wird in späteren Berichten über sein Leben noch öfters von diesem Sieg sprechen. Danach soll Christol versuchte haben ihn ständig umzuwerfen. Dazwischen rief ein Zuschauer plötzlich: „Naucke - Holl di!". Dem folgte das Publikum und so ertönte der Ruf im ganzen Zirkus. Hierbei entstand den Berichten zufolge gleichzeitig der Schlachtruf der Hamburger: „Holl di" - hieß soviel wie „nicht umwerfen lassen". Ruth Malhotra schrieb Ende der 1970er Jahre: „Im Circus Renz besiegte er den Champion Heinrich Winzer und kassierte 300 goldene Reichsmark Wetteinsatz." Über die lange Phase bis Malhotra hatten sich Unwahrheiten oder falsche Berichte verbreitet. Heinrich Winzer aus Hamburg war in der Tat ein Berufsringer, den man oft bei den Konkurrenzen sah. Allerdings betrat Winzer erst um 1900 erstmals einen Ring als Professional. Bei Nauckes Sieg im Jahr 1878 war er vielleicht gerade mal geboren. Die Auftritte in der Truppe von Renz hatten durchschlagenden Erfolg für Emil Naucke. Er bekam jetzt laufend Angebote vom Zirkus, Rummel und Varieté. Die jetzige Phase war für ihn weitaus bedeutender gewesen als bei Salamonsky. Seit den späten 1870er Jahren tourten Doublier und Christol öfters mit Renz und dem Zirkus von Oscar Carré. Dabei stießen mit der Zeit immer mehr Athleten zu der winzigen Truppe hinzu. Jetzt ging auch Emil Naucke mit ihnen auf Tournee. Es begann seine turbulente Karriere außerhalb von Hamburg. Man wird Emil Naucke in der Hansestadt meistens nur noch am Jahresende zu den Dom-Feierlichkeiten in Tütges Etablissement sehen. Ansonsten ist er während der 1880er Jahre überwiegend in Europa unterwegs. Das wird dazu führen, dass er vielerorts eine hohe Bekanntheit erlangt - auch deshalb, weil sich in diesem Jahrzehnt seine Körperfülle enorm vervielfachen wird. Wog Naucke am 01. August 1885 noch 117 kg so waren es im Jahr 1893 ganze 235 kg. Das groteske Auftreten als „Pauline vom Ballett", als Seiltänzer, als Kugelschwinger oder eben als Ringer versinnbildlichte den „Kolossalmenschen Emil Naucke".
1879 heiratete er Johanna Krone im Urania-Theater, dort wo er im Vorderhaus eine Wohnung bezogen hatte. In diesem Jahr sah man ihn noch zusammen mit dem Artisten Fred Paulsen im Zirkus und Varieté-Theater unter der Direktion von C. Wagner auftreten. Aber bald machte er sich daran selbst das Direktionszepter zu schwingen. Mit der „Tournee Naucke" kreierte er seine erste eigene Artisten-Truppe die Europa von 1880 bis 1896 durchquerte. Durchschnittlich bestand sein Ensemble aus 10 bis 15 Leuten. Später in seinem Hamburger Varieté traten dutzende Artisten und Akrobaten auf. Der Ursprung dieser Tournee ging noch auf die Zeiten zurück, als Naucke bei Salamonsky in Hamburg auftrat. Zum gleichen Zeitpunkt debütierte in diesem Zirkus nämlich am 12. April 1876 ein Artist aus Kopenhagen namens Fred Paulsen. Gemeinsame Auftritte führten zu einer engeren Zusammenarbeit beider Athleten. In der Folgezeit wurden die Vorstellungen von Paulsen immer populärer in Hamburg, weil dieser nun auch Ringkämpfe vorführte und sich nicht mehr allein auf die Artistik konzentrierte. 1878 schlossen sich beide sowohl in der Manege als auch geschäftlich zusammen. Paulsen wird bis zum Schluss von Nauckes Karriere als dessen eigentlicher Geschäftsmann arbeiten. Beide traten oft als Ringer und Kraftathleten auf. Für die Vorstellungen interessierte sich eine breite Masse an Zuschauern. Viele hatten so ein Programm zuvor nur selten zu Gesicht bekommen, das damals als große Sensation galt. Der durchschlagende Erfolg der Tournee Naucke lag in der Kreativität und Vielseitigkeit ihres Erfinders begründet. Rund um ihn entstand eine ganze Truppe mit der er ein volles Programm über Stunden auf die Beine stellen konnte. Am populärsten waren Kraftakrobatik und sein Auftreten als Kugelschwinger. Im Deutschen Reich war seine Eisenkugel bekannt. Die 37,5 kg schwere Kugel befestigte er an einer eisernen Kette und schwenkte sie um den Körper. Die Zuschauer riefen laut „Oh!", wenn er die Kugel plötzlich hoch schleuderte und auf sein Genick klatschen ließ. Nach seinen eigenen Berichten sei das gleich mehrere dutzend Male passiert. Außerdem sei es nur „zur Erholung" gewesen, wie er später selbst berichtete. Auch andere Kraftakte vollbrachte Emil Naucke: So stemmte er dreimal einarmig ein Eisengewicht von 106 kg. Die Gesamtbelastung des Körpers stieg dabei auf bis zu 700 kg. Aber selbst da wirkten seine Bewegungen kaum plump. Zwei eiserne Kugeln, die durch eine Stange verbunden waren, wirbelte er in allen erdenklichen Stellungen über seinen Kopf. Die Kugeln wogen zusammen 100 kg. Der Zirkushistoriker Signor Saltarino schrieb 1895: „Mit einem 108pfündigen Gewehr macht er echt preußische Griffe und Exerzitien, das manchem alten Soldaten unter den Zuschauern beim bloßen Anblick die Knochen im Leibe knacken." Ein weiterer Programmpunkt bestand aus den Theaterstücken, die Naucke entweder selbst schrieb oder extra für sich hat schreiben lassen. Die schon erwähnte „Pauline vom Ballett" sorgte vielerorts für starkes Gelächter, wenn er mit seinem massigen Körper als Ballerina durch die Manege lief. Saltarino schrieb dazu: „Um die vollständige Beweglichkeit des massigen Körpers im besten Lichte zu zeigen, erscheint der Artist schließlich unter Beifallstoben in der Menge als Tänzerin Pauline und imitiert im kurzen, abstehenden Röckchen mit süßlicher Miene und erstaunlicher Elastizität alle Künste einer geschulten Balleteuse."
Ab Anfang der 1880er Jahre erschienen in den Zeitungen viele Werbeanzeigen, die die Tournee Naucke groß ankündigten. Dabei wurde ein oft gleichlautender Text verwendet, der wohl nur aus der Feder von Emil Naucke stammen konnte. Er hatte ständig neue Einfälle um sein Programm noch besser zu gestalten. Nach den zeitgenössischen Berichten, die zum größten Teil alle gleich klingen, war bereits der Großvater mit 518 Pfund ein wahrer Koloss und noch wesentlich schwerer gewesen, als es sein Enkel jemals werden sollte. Hinzu kam ein Bauchumfang von 2.47m verteilt auf einer Körpergröße von 2,04m. Mal erreichte er ein Alter von 94 Jahren, an anderer Stelle starb er mit 87 Jahren. Eine Zeitung schrieb am 23. März 1889, Naucke trat gerade als Kolossalmensch in München auf: „Seine Großmutter war nicht ganz so stark, aber über 6 Fuß hoch und wurde 103 Jahre alt. Dieser Ehe entsprossen 22 Kinder. Naucke selbst hat deren neun." Tatsächlich hatte Naucke aber zwei Kinder aus seiner Ehe mit Johanna Krone. Man wird immer wieder auf ähnliche Berichte stoßen, besonders während der 1890er Jahre, wo er eine der größten Attraktionen in Hamburg war. Der alleinige Auftritt des Kolossalmenschen Emil Naucke füllte schon einen ganzen Abend. In dieser Zeit wurde das Publikum mit immer neueren Formen der Unterhaltung konfrontiert. Es reichten die kleinsten „Sensationen" um diese als groß zu verkaufen. Irgendwann kam man dann auch auf die Idee Naucke und Paulsen als Bruderpaar oder unter anderen Namen auftreten zu lassen. Im Juli 1882 nahmen sie als „Joseph Naucke" aus Österreich und „Anselm Paulsen" aus Dänemark an den Ringkämpfen im Folies-Bergére Theater in Paris teil. Über den merkwürdigen Naucke spekulierte die Allgemeine Sportzeitung Wien am 27. Juli 1882: „Dieser Letztere wird als ein wahrer Hercules geschildert, scheint uns aber nach den angegebenen Maßen mehr in die Kategorie der Fettleibigen zu zählen." Bereits in den ersten Jahren erschien die Tournee Naucke in zahlreichen Theatern und Zirkussen in Berlin, Wien, Amsterdam und Brüssel. Fred Paulsen entschied sich 1884 dafür die Truppe zu verlassen, um nach Amerika auszuwandern. Als Emil Naucke seine große Tour durch das Deutsche Reich im Jahr 1890 startete, gehörte Paulsen wieder zum ständigen Ensemble. Mitunter brauchte Emil Naucke auch gar keine Truppe, denn seine Person reichte schon aus, um einen Zirkus oder ein Theater bis auf den letzten Platz zu füllen. So war er einer der wenigen Athleten, die allein eine ganze Zugnummer bildeten und davon auch gut leben konnten.
Die Idee Naucke als Kolossalmenschen auftreten zu lassen, kam besonders in den späten 1880er Jahren in Mode, als sich sein Gewicht der 200 kg Marke näherte. Es wurde auch ein Höhepunkt seiner Tourneen die teils groteske Formen annahmen. So stand Naucke ohne eine Bewegung zu machen nur plump in der Manege und wurde von allen Seiten bestaunt. Eine derartige Zurschaustellung war bereits seit Jahrzehnten zur guten Einnahmequelle mancher Zirkusbetreiber geworden. Neben den Jahrmarktsbuden und dem Zirkus waren in den USA die „Dime - Museen" Orte, wo man Menschen mit Abnormitäten bestaunen konnte. Also körperliche Missbildungen bedingt durch Krankheit oder Vererbung. Das berühmteste „Dime - Museum" war wohl das von Phineos Taylor Barnum welches dieser 1842 in New York eröffnete. Durch Zahlung eines entsprechenden Entgeltes hatten die Zuschauer die Möglichkeit „ungewöhnliche Menschen" zu bewundern: Riesen, Zwerge, Bartfrauen, Doppelmenschen, Haarmenschen, Albinos, Arm - und Beinlose, Rumpfmenschen, Kolossalmenschen, Haut - und Knochenmenschen oder Vogelköpfe präsentierten dabei artistische Kunststücke oder erstaunliche Fertigkeiten. Mitunter reichte schon die plumpe Zurschaustellung. Gerade dies war aber bei Menschen mit angeborenen Missbildungen sehr inhuman. Oft wurde dadurch nur die Sensationslust der Zuschauer befriedigt. Allerdings hatten gerade die Kolossalmenschen durch ihren Körperbau Möglichkeiten, ungewöhnliche Kraftstücke oder artistische Attraktionen zu zeigen. Und diese zogen dann die Zuschauer quasi von alleine an. Diese Sensationsmache war bei weitem noch nicht ausgeschöpft gewesen. Auch kleinste Auftritte, die heute längst nicht mehr spektakulär wirken würden, reichten damals zumindest schon um gutes Geld zu verdienen. Zu Emil Nauckes Truppe stieß ein Kolossalmensch aus Weißenfels in Sachsen-Anhalt namens Wilhelm Löther. Zuvor trat dieser bereits auf kleineren Varietébühnen auf bis er an Seite seines berühmten Kollegen auftauchte. Aus Wilhelm Löther wurde kurzum Emils scheinbarer Bruder „Wilhelm Naucke", die zusammen als „Gebrüder Naucke" auf Tournee gingen. Das Höchstgewicht von Löther wird 1894 mit 214 kg angegebenen. Ende 1889 tourten sie entlang der Ostküste der USA wo sie vielfach für großes Aufsehen sorgten. Daheim wurde diese Tournee besonders in der Biografie von Löther hochstilisiert. Aus zwei Monaten wurden zwei Jahre und aus Wilhelm Löther der „berühmteste aller Kolossalmenschen". Als sie am 04. Januar 1890 aus New York nach Hamburg zurückkehrten schien es danach keine dauerhaften Pläne mehr für weitere Auftritte gegeben zu haben. Emil Naucke plante keine Tourneen mehr ins Ausland zu machen, sondern sich mehr auf Hamburg und das Deutsche Reich zu konzentrieren. Vereinzelt sah man beide noch für ein paar Auftritte auf den Bühnen in Hamburg. Die Tournee Naucke wurde zudem nun wieder durch Fred Paulsen verstärkt, der zuvor längere Zeit in London auftrat. Wilhelm Löther verließ die Truppe und tourte weiter als Kolossalmensch durch Mitteleuropa. Es zog ihn nach Berlin, Prag, Wien und am Ende schließlich nach München. Am 09. Februar 1894, gerade an seinem 29. Geburtstag, stand Wilhelm Löther im Münchner Varieté „Bamberger Hof" zum letzten Mal auf der Bühne. Als sich der Vorhang unter tosendem Beifall des Publikums geschlossen hatte, schleppte er sich mit massiven Atembeschwerden in die Garderobe. Am nächsten Morgen ordnete ein Arzt die Einlieferung in ein Münchner Krankenhaus an. Doch der Transport mit der Droschke gestaltete sich für den schweren Koloss sehr schwierig. Es dauerte lange bis sie das Krankenhaus erreicht hatten. Für Löther kam jedoch jede Hilfe zu spät. Er war indessen in der Droschke gestorben. Für die Pathologie war sein massiger Körper noch von größerem Interesse gewesen, wie eine Wiener Zeitung Ende Februar 1894 schrieb: „Der Körper war 1.80m lang, der Bauchumfang 1.72m, der Halsumfang 70cm, der Wadenumfang 58cm. Die Fettschicht über dem Bauch 12cm, über der Brust 7cm. Das Gehirn war sehr blutreich und wog 1770g. Das Herz war erheblich vergrößert, sehr fettreich und von schlaffer Konsistenz und hatte ein Gewicht von zwei Pfund. Als der vielgereiste Mann beerdigt wurde, mussten zehn Träger requiriert werden, um den Leichnam zu tragen."
1890 ließ sich Emil Naucke in Bad Oldesloe bei Hamburg eine Villa errichten in der er die Sommermonate verbrachte. Nach vielen rastlosen Jahren wollte er sich eigentlich aus diesem turbulenten Business zurückziehen. Doch angesichts seiner großen Artisten-Truppe und den zahlreichen Arrangements war das fast unmöglich. Der Name „Emil Naucke" war längst zu einer Institution im Zirkus und Varieté geworden. Es waren zu viele Anfragen, zu viele Artisten die er nicht allein lassen wollte, und es war vor allem die Leidenschaft zu seinem Beruf, die ihn am Ende doch wieder antrieb. Die nächsten 10 Jahre hindurch hatte Emil Naucke noch mehr Arbeit als Leiter von Varieté-Theatern und seiner eigenen Artisten-Truppe. Fred Paulsen und ein Kleinwüchsiger Artist namens Peter Hansen mischten das Ensemble kräftig auf. Sein enormes Gewicht hinderte ihn jedoch daran den Ringkampf weiter auszuführen. Im Jahr 1893 sagte er sich gänzlich von diesem Business los. Noch bis Mitte der 1890er Jahre tourte Naucke durch das Deutsche Reich, war aber vor allem in Hamburg und Berlin aktiv. Den Schwerpunkt seiner Vorstellungen verlagerte er immer mehr in die Hansestadt. Als der Besitzer eines bekannten Varietés sein Geschäft verkaufen wollte, erfüllte sich Emil Naucke im Sommer 1896 einen langersehnten Traum: den eines eigenen Varieté-Theaters. Aus dem „Awe Concert Saal" wurde schließlich „Nauckes Varieté" am Spielbudenplatz in Hamburg. Geschäftlich hatte Fred Paulsen ein Auge auf die Finanzen, während Naucke als kreativer Kopf fungierte. Die Hansestadt hatte sich mit ihren zahlreichen Athleten-Clubs zu einem Mittelpunkt der Schwerathletik entwickelt. Besonders die Ringer und Gewichtheber spezialisierten sich in ihren Bereichen. Der klassische Preisringkämpfer, der noch ganzheitlich auftrat, wurde zum Berufsringer. Die Zirkusse kamen am laufenden Band nach Hamburg, überall Fahrgeschäfte, ratternde Spielautomaten, dazwischen Ringer- und Boxbuden. Es war eine bunte lautstarke Unterhaltungsszene, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann. Auch bei Naucke am Spielbudenplatz standen die Leute jeden Abend Schlange am Eingang. Unter allen anderen Theatern hatte es sich unlängst zur ersten Adresse in Sachen Unterhaltung in St. Pauli entwickelt. Schlenderte man über die Reeperbahn, dann stand für viele Besucher auch ein Abstecher bei Naucke auf dem Programm. Eigentlich verging kein Tag an dem man nicht das Schild „ausverkauft" vorne an der Kasse sah. Ein vielfältiges Programm, oftmals sogar täglich wechselnd, bestehend aus Theatervorstellungen, artistischen Nummern und Wohltätigkeitsfesten wurde dem Publikum geboten. Darin war Naucke oft als Star seines eigenen Ensembles zu sehen, das mittlerweile eine stattliche Anzahl an Mitgliedern hatte. Viele kamen im nächsten Jahr für weitere Auftritte wieder. Nauckes Varieté war also nicht nur beim Publikum selbst populär, sondern auch unter den Akteuren längst zur Beliebtheit geworden. In den kommenden Monaten baute Emil Naucke sein Geschäft mit der Übernahme weiterer Varietés aus. Im September eröffnete das Circus-Varieté Reuterkrug in Lübeck die neue Saison unter Nauckes Direktion. Auch hier stand ihm Fred Paulsen als Sekretär wieder tatkräftig zur Seite. Das bewährte Konzept aus Theater, Akrobatik und Athletik ging vollends auf, wie der Erfolg der Tournee Naucke damals schon bewies. Rundum St. Pauli war der gewichtige Kolossalmensch die Attraktion schlechthin. Auch menschlich war er sehr populär und spendabel gewesen. Wohltätigkeit und Hilfe für Bedürftige stellte er in den Mittelpunkt weit vor Umsatz und der Konkurrenz. Wahrscheinlich war ihm eine Konkurrenz letzten Endes sogar egal, wenn er andere zum Lachen bringen konnte. Naucke spielte nie mit dem Gedanken nur auf der Basis voller Taschen mit Geld ein Riese im Varieté zu werden. Er versuchte möglichst für alle ein Programm auf die Beine zu stellen, das ihren Ansprüchen genügte. Im Dezember 1896 begannen bei Naucke die schon zur Tradition gewordenen Dom-Vorstellungen für wohltätige Zwecke mit vielen Kinderprogrammen und Weihnachtsmärchen. Einst waren diese Vorführungen bei Tütges Etablissement zu sehen, wo Emil Naucke 15 Jahre lang selbst das Direktionszepter schwang. Jetzt nahm er diese in sein eigenes Jahresprogramm mit auf. Traditionell sah man ihn wieder auftreten mit Peter Hansen als Radartist, in Theaterstücken und artistischen Nummern. Die Auftritte mit Hansen waren auch eine Zugnummer in Nauckes Varieté. Naucke um die 230 kg schwer, Hansen als Kleinwüchsiger brachte vielleicht 30 kg auf die Waage. Ein besserer Kontrast ließ sich bei solchen Vorstellungen kaum mehr erreichen. Dazwischen erschien Herkules Fred Paulsen mit Kraftakrobatik oder Naucke als „Pauline vom Ballett". Diese Nummer zeigte er ja bekanntlich schon am Beginn seiner Karriere beim Zirkus Renz.
Die bombastische Karriere des Emil Naucke schien kein Ende zu finden. Immer mehr Termine, Auftritte und Verpflichtungen. Die Planungen für das Januar-Programm 1900 waren in vollem Gange. Gleich am Neujahrstag war sein Varieté wieder ausverkauft. So hatte man den Eindruck eines nicht enden wollenden Erfolgs. Auch am Abend des 25. Januar 1900 schien alles routiniert zu verlaufen, als er und Hansen in Sagebiels Etablissement auf der Bühne standen. Beim Wohltätigkeitsfest des Deutschen-Radfahrer-Bundes musste der Star des Hamburger Varietés natürlich als Radartist auftreten. Unter lautem Beifall wurden Naucke und Hansen gefeiert. Man stelle sich so einen Koloss auf einem Rad vor, der dazu noch artistische Nummern präsentierte. Grotesk - so urteilte das Publikum meistens über seine Vorstellungen. Doch Emil Naucke gelang es die Zweifel an seinem Können meistens zu widerlegen. Selbst viele Athleten, die halb so schwer waren wie er, hatten nicht seine Beweglichkeit. Als die Vorstellung beendet war spendete das Publikum tosenden Beifall. Über heftige Atembeschwerden klagte Naucke noch auf der Bühne als er von seinem Rad abstieg. In der Garderobe sackte er benommen in einem Stuhl zusammen. Man erkannte den Ernst der Lage und rief einen Arzt herbei, der aber nur noch den Tod des grandiosen Darstellers feststellen konnte. Emil Naucke starb im Alter von 44 Jahren an einem Herzinfarkt. Damit endete eine der schillerndsten Karrieren der deutschen Zirkus- und Unterhaltungsszene. Am 28. Januar 1900 glichen die Reeperbahn und der Spielbudenplatz einer Ansammlung von Menschenmassen, die alle Abschied von einer großen Legende nehmen wollten. Ein riesiger Trauerzug, so wird berichtet, bewegte sich durch das Millerntor, Holstenwall, Dammtor nach Ohlsdorf auf den großen Zentralfriedhof. Mit seinem Tod schließt sich eine Geschichte aus den frühen Zeiten der Ringer- und Schaustellerszene. Vor allem wegen seiner kugeligen Leibesfülle blieb er den Hamburgern noch lange in Erinnerung. Da Nauckes Erscheinung auf viele Zuschauer komisch wirkte, machte bald der Volksmund von sich reden. Dicke Kugeln oder Menschen nannte man in Hamburg bis weit ins 20. Jahrhundert hinein einen „Naucke". In Berlin kannte man ihn als den „Naucke mit der Pauke". Aber was sollte nun aus dem Varieté und all den Artisten werden, die hier gerne aufgetreten sind? Johanna brachte es nicht übers Herz jetzt einfach alles aufzugeben. Schon kurze Zeit später öffnete „Nauckes Varieté" wieder seine Pforten für das Publikum. Nun war es die Artistin Johanna Naucke, die das Varieté in St. Pauli über viele Jahre hindurch aufmischen sollte. Zusammen mit Peter Hansen, der ihr als Artist noch lange treu blieb, erzielte sie eine erfolgreiche Saison nach der anderen mit vielen ausverkauften Veranstaltungen. 1911 entschloss sie sich für den Verkauf ihres Etablissements zunächst an einen kleinen unbedeutenden Veranstalter, bis schließlich im April 1913 ein alter Bekannter der Familie aus Ottensen namens Hugo Ferry die Direktion des Naucke Varietés übernahm. So ging die Tradition nicht verloren, denn auch Ferry war ein ausgezeichneter Veranstalter im Varieté. Johanna stirbt im August 1916 in Hamburg. Nach erfolgtem Umbau und Modernisierungen entsteht 1925 ein neues Lichtspieltheater. Am 01. April 1933 feierte Hugo Ferry hier gleichzeitig sein 40-jähriges Bühnen- und 20-jähriges Geschäftsjubiläum am Spielbudenplatz. Wie man sieht hat diese traditionelle Spielstätte über Jahrzehnte nichts von ihrem Glanz verloren. Auch heute noch erinnern die Stadtführungen auf der Reeperbahn an diese große Epoche der Unterhaltung in St. Pauli. Inzwischen ist sie aber längst zur Vergangenheit geworden. Mancher Besucher der Reeperbahn denkt vielleicht noch immer an Emil Naucke und an einen Mann, der durch sein Wirken Vieles erst ermöglicht hat. Es lebe das Varieté!
Die Spuren der einst großen Ringkämpfe sind in Hamburg längst erloschen. Wer heute auf den Rummel geht wird nur noch selten auf eine „Boxbude" treffen, in der sich Amateure oder gar ehemalige Profis gegenüberstehen. Johann Heinen ist einer der letzten Veranstalter von Boxkämpfen auf dem Rummel und Betreiber einer Boxbude in dritter Generation, die jedes Jahr quer durch Deutschland zieht. Zur Kirmes auf dem Kramermarkt in Oldenburg hat sie wieder ihre Pforten eröffnet. Lautstarke Herausforderungen heizen die Stimmung ein, der „Möchtegern Champion" aus dem Publikum betritt den Ring der Bude, um eine geballte Ladung an Boxhieben zu kassieren. Wem es doch mal gelingt gegen den Boxer aus Heinens Stall zu gewinnen, der kann sich über Wetteinsätze und Preisgelder freuen. In den allermeisten Fällen aber geht er mit einer dicken Lippe nach Hause. Die letzten Betreiber von Ringerbuden machten ihr Geschäft zur Mitte des vorherigen Jahrhunderts dicht. Tatsache ist jedoch, dass der „Stabuff" ein Teil des Ursprungs der späteren Berufsringkämpfe war. Stabuff steht für „Rummel- / Budenringer" die mal als ganzheitliche Athleten anfingen, dann aber später in Armut und Vergessenheit endeten. So wurde diesen Ringern bereits in früheren Zeiten der Stempel der Unseriösität auferlegt. Viele von ihnen sagten sich los vom mittlerweile schlechten Image der „Rummel-Ringkämpfe". Sie wollten nicht als „Budenathleten" oder „Rummelringer" abgestempelt werden, obwohl viele von ihnen in diesem Metier angefangen haben. Das Geschäft mit solchen Ringkämpfen auf dem Rummel erwies sich als unrentabel mit der verstärkten Organisation der Berufsringer in Verbänden. Am meisten wurde der Stabuff durch die aufkommenden Athleten-Clubs und durch die Organisation von Ringern und Gewichthebern zurückgedrängt. Ein ganzheitlicher Athlet war nur noch selten anzutreffen. Stattdessen setzte eine „Ringerbewegung" in den Athleten-Cubs ein, aus denen viele der Berufsringer kamen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Berühmtheiten wurden. Ihre Lehrmeister waren zumeist die Budenringer vom Rummel, die selbst Athleten-Clubs gründeten und als Trainer fungierten. Auf ihre Karrieren angesprochen, hatte damals aber kaum mehr jemand zugeben wollen, dass er mal dem Stabuff angehörte.
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пятница, 28 октября 2016 г.
Emil Naucke - Ein Leben für das Varieté
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